Heinrich Reinhold: Der Landschaft auf der Spur. | Bertsch, Stolzenburg, u.a.
Heinrich Reinhold: Der Landschaft auf der Spur. Umfassende Retrospektive des bedeutenden Landschaftsmalers der Goethezeit, Hrsg. Andreas Stolzenburg, Markus Bertsch und Hermann Mildenberger, mit Beiträgen von M. Bertsch, H. Börsch-Supan, W. Busch u.a.
München, Hirmer Verlag 2018.
ISBN: 978-3-7774-3213-7, 49,90 €
Die sich in einer Verbindung von Ausstellungskatalog und wissenschaftlichen Einzelbeiträgen gegenseitig ergänzende Publikation gilt dem aus der Wiener Schule stammenden Landschaftsmaler Heinrich Reinhold, der seit etwa 1813, seit dem Ende der Napoleonischen Ära in der Blütezeit der Italiensehnsucht der Stimmungsgewalt des Golfs von Neapel, des Cap d’ Orlando auf Sizilien und dem Motiv der Steilküste mit Meeresbrandung erlag.
Reinhold war zwar Maler aus eigener Berufung, gleichzeitig stammte er aus einer verzweigten Malerfamilie, die Helmut Börsch-Supan penibel einleitend mit kurzen Biographien vor Augen führt. Dass sich Heinrich Reinhold in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts einen bedeutenden Ruf erarbeitet hatte, machte 1824 seine Begegnung mit Schinkel in Rom deutlich. Schinkel: "Von hier aus besuchten wir den talentvollen Landschafter Reinhold, der so schön Naturstudien macht." Schinkel erwarb mehr als zehn Arbeiten, die Reinhold zwar hergab, für sich aber noch kopieren wollte. "Diese Skizzen", so Schinkel, "werden die schönsten Erinnerungen der Reise darbieten.“" Am 23. Oktober: "Maler Reinhold brachte mir die von ihm erstandenen Studien." Und fünf Tage später an seine Frau Susanne: "Für mich und für Dich habe ich denn im eigentlichsten Sinne etwas Wirkliches von Kunst mitgebracht, welches an sich selten, ja einzig ist und dazu die Erinnerungen der Reise auf immer zu halten imstande ist. Es sind die Studien, welche der jetzt in Rom anwesende talentvollste junge Landschafter Reinhold an Ort und Stelle von mehreren Punkten um Neapel und Rom in Ölfarben auf Papier und in sauberen Zeichnungen gemacht hat."
Dem Beitrag von Andreas Stolzenburg über "Heinrich Reinhold im Kreis der deutschen Künstler in Rom" kommt eine Schlüsselstellung im Rahmen der Veröffentlichung zu – der sorgfältig erarbeitete Katalog der Künstlergenossenschaft bildet die Grundlage zum vertieften Verständnis der Künstlerschaft Reinholds. In Rom – und damit belegt sich seine Bindung an die römische Künstlergesellschaft weiter – wurde Reinhold zum Reisebegleiter hoch gestellter Rombesucher: 1820 des Fürsten Lobkowitz nach Sizilien, Lord Burrys nach Livorno, Pisa und Florenz.
Die einzelnen Lebensstationen Heinrich Reinholds zeichnen die wissenschaftlichen Beiträge der Publikation sorgfältig nach, wobei Markus Bertsch mit "Sein (Reinholds) Weg zur Landschaft" den Übergang des Künstlers vom Gebrauchsgraphiker im Pariser Kunstgeschäft zum Landschaftsmaler zeit- und ortsgenau vor Augen führt – während der Rückreise von Paris über die Schweizer und süddeutsche Alpenlandschaft. In der Umgebung von Salzburg festigte sich mit dem weiten Blick von der sog. "Kanzel" bei Schloss Aigen auf den Watzmann die Wahrnehmung der Alpenlandschaft. Markus Bertsch erarbeitet also nicht die abstrakt mutmaßende Rekonstruktion eines Lebensweges, sondern schildert einen mit Zeitdokumenten gesichert belegbaren Werdegang.
Auf gleicher Grundlage sind alle weiteren Beiträge der Monographie methodisch entwickelt und damit grundlagenfest. 2Der Landschaft auf der Spur" besitzt so den Rang eines Grundlagenwerks. Zu dessen wichtigen Ergebnissen hätte man sich als weiteren Beitrag auch die Darstellung über die künstlerische Reputation Reinholds (s. die Bewunderung Schinkels) wünschen können. Reinhold verstarb 1825 mit 36 Jahren in Rom und wurde auf dem Friedhof an der Cestius-Pyramide beigesetzt. Seine Handschrift als Maler belegen innerhalb der Geschichte der italienischen Landschaftsmalerei im Beitrag "Künstler erkunden die österreichischen Alpen" Arbeiten aus den Sammlungen des Fürsten von und zu Lichtenstein in Vaduz-Wien, die "Marina piccolo in Sorent" (etwa 1823) aus dem Museum Behnhaus Drägerbau in Lübeck, "Die Terrasse des Kapuzinerklosters in Sorrent" (1824) aus dem Metropolitan Museum of Art in New York und "Blick über Sorrent auf den Vesuv" von etwa 1823. Sie belegen sowohl Rang wie die künstlerische Entwicklung Reinholds.
Prof. Helmut Engel